Aufatmen Blog

Raum für Angehörige und Menschen mit seelischen Belastungen


Kleiner Exkurs: Im Moment bleiben, im Heute bleiben.

gnk_smallVielen Menschen, die von psychischen Erkrankungen oder ihren Auswirkungen betroffen sind,  drängt sich die Frage auf:
Was wird die Zukunft bringen? Es folgt langes Grübeln im Hinblick auf Familie, Beziehungen, Gesundheit, berufliche Leistungsfähigkeit, Lebensziele, die angesichts der Dauerbelastung unerreichbar scheinen.

Zunächst einmal ist dies allzumenschlich und verständlich. Wir Menschen versuchen gerne, alles mit unserem Kopf zu erklären, Konflikte vorab in den virtuellen Gängen unserer Gedanken zu lösen. Gerade wenn wir Herausforderungen gegenüberstehen. Das ist per se keine schlechte Eigenschaft, zeigt es doch unser Engagement und unsere Bereitschaft, Verantwortung im Leben zu übernehmen.

Doch unser Kopf kann nicht alle Faktoren erfassen und gerät gern in Sackgassen, wenn er den Wörtchen hätte, würde, könnte bedingungslos Folge leistet. Geht es beispielsweise um das, was in der Zukunft passieren könnte, kann er in ein Sorgenkino geraten, das unser Denken und Fühlen dem Hier und Jetzt unzugänglich machen und unseren Zugang zu wertvollen Ressourcen verbauen kann.

Legen wir unseren Fokus sorgenvoll in die Zukunft oder in die Vergangenheit, können wir nicht gleichzeitig für unser Wohlergehen in der Gegenwart sorgen.

Sorgen wir uns um das, was irgendwann einmal eintreffen könnte, hindert es uns daran, unsere heutigen Vorhaben und To Do’s effektiv anzugehen. Wir investieren seelische Energie in ein unmögliches Unterfangen:

Die Zukunft zu bewältigen, bevor sie überhaupt eintrifft.

Dabei müssen wir nur hier und jetzt unser Bestes geben.

Wird uns mehr als das abverlangt, dann ist es an der Zeit, sich Zeit und Raum einzuräumen, um eine Aufgabe zu bewältigen.

Natürlich ist es wichtig, den Blick in regelmäßigen Abständen in das Gestern und auch in das Morgen schweifen zu lassen. Allerdings ist es wichtig, vorab erst einmal für das Heute zu sorgen. Denn die sorgenvolle Dauerbeschäftigung mit der Vergangenheit oder der Zukuft blockiert uns, wenn wir die gegenwärtigen Lektionen unseres Lebens lernen und meistern wollen.

Leben wir aber im Heute und nehmen ganzen Anteil am gegenwärtigen Geschehen, dann haben wir gute Chancen, dafür zu sorgen, dass die Dinge, die sich in unserer Zukunft ereignen, zu unserem Wohl sein werden.

Im Hier und Jetzt zu leben ist gerade für psychisch erkrankte Menschen, und mitunter noch mehr für ihre Angehörigen, eine Kunst. Es ist belastend, wenn man der Krankheit an vielen Stellen im Alltag begegnet und sich gefordert, ja oftmals auch überfordert, fühlt. Und gerade weil es keinen magischen Knopf gibt, der uns in ein anderes Szenario katapultiert, ist es umso wichtiger im täglichen Leben zu lernen, den eigenen Gedankenfokus zu steuern und im Heute zu bleiben.

Die gute Nachricht ist: Diese Kunst ist erlernbar. Sie ist ebenso erstrebenswert, weil sie das Beste ist, was wir für uns und andere tun können – nicht nur im Hinblick auf die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Eine solche Einstellung wirkt sich positiv auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, unsere seelische und körperliche Gesundheit, unsere beruflichen Fähigkeiten und letztlich auf unser gesamtes Leben aus.


Wie geht das – in der Gegenwart leben?

In der Gegenwart leben bedeutet, mich ganz auf den Moment und seine Inhalte einzulassen. Das ist kein Zauberwerk.

Ein einfaches Beispiel: Wenn ich Auto fahre, fahre ich Auto. Ich denke dabei nicht an etwas was vor mir oder in der Zukunft liegt (auch nicht an den nächsten Termin, zu dem ich gerade fahre!)  sondern fahre einfach nur Auto, nehme aktiv gestaltend und reagierend am Strassenverkehr teil.

(M)eine tägliche Übung: Wenn ich einen Apfel esse, esse ich einen Apfel und schaue nicht gleichzeitig auf mein Smartphone oder Tablet. Schon melden sich ungeduldige Gedanken an wie Habe ich überhaupt genug Zeit zur Verfügung? Ich wollte doch noch xy anrufen, einen Artikel schreiben etc.

Wie in einer Meditation nehme ich meine Gedanken wahr, schaue sie mir kurz an, lasse sie ziehen, kehre zu meinem Apfel zurück, geniesse den Geschmack und freue mich über die Vitaminzufuhr für meinen Körper.
Ich bleibe beharrlich dort, wo ich gerade sein möchte.
Hier. In diesem Moment. Das ist genug.

Als arbeitender Mensch bin auch ich lange Zeit der Versuchung erlegen, mehrere Dinge gleichzeitig zu machen. Dabei habe ich mich zunächst „herrlich produktiv“ gefühlt, musste jedoch schnell bemerken, dass ich am Ende weder mit meiner Zeit noch mit der Qualität des Umgesetzten hingekommen bin. Die gedankliche Nebenwirkung stellte sich alsbald ein: Eine tiefe Form der Unzufriedenheit. Trotz vieler erledigter Dinge ein Gefühl der Ineffektivität. So wollte ich nicht arbeiten und schon gar nicht leben.

Also habe ich mich gewagt, herauszufinden was passiert wenn ich nur eine Sache auf einmal erledige. Ich ertappte mich schnell bei dem Gedanken Klappt das überhaupt? Kann das funktionieren? Doch ermutigt von Freunden, die bereits Erfahrungen mit diesem Vorgehen gemacht hatten, probierte ich es aus. Zu meiner Überraschung klappte es nach ersten Beginner-Schwierigkeiten sehr gut und ich fand heraus, dass ich am Ende des Tages tatsächlich produktiver, qualitativer und vor allem zufriedener meine Dinge erledigt hatte.

Im Rückbezug auf einen Alltag, in dem eine seelische Vorbelastung eine Rolle spielt,  kann genau dies sehr hilfreich sein. Es kann bedeuten, mir auch dann – oder besser: gerade dann –  zu erlauben, einen Gang runter zu schalten und meinen Körper wahrzunehmen. Mein Körper ist treu. Er sagt mir wie es mir gerade geht und meist auch was ich gerade brauche. Er hilft mir, mich zu ankern – aus dem Kopf heraus, in den Moment hinein zu kommen. Habe ich mir ein wenig Zeit mit der Wahrnehmung meines Körpers eingeräumt, komme ich in der Gegenwart an. Ich kann mich bewusst entscheiden, im Moment zu bleiben und wahrzunehmen, was gerade ist. Dann bekomme ich das in den Fokus, was genau jetzt dran ist. Meine Aufmerksamkeit liegt nun in der richtigen Priorität und muss sich nicht mehr mit vielen anderen Gedakeninhalten den Platz teilen.

Alles andere ist in diesem Lebensmoment nicht dran.

Es geht also beim Leben in der Gegenwart keinesfalls darum, wie ein Tagträumer zu leben und das Steuer unseres Lebensschiffes völlig zu verlassen.

Es geht vielmehr um  eine bewusste und lohnenswerte Vorgehensweise.


Und die Zukunft?

Die ist immer noch da und nicht fortgelaufen!

Es ist gut und richtig, zur rechten Zeit sinnvolle Pläne für die Zukunft zu machen. Wir können sogar darauf hin arbeiten, unsere Pläne umzusetzen. Immer einen Tag auf einmal.

Versuchen wir, etwas Vertrauen in das Leben zu entwickeln und uns zu versichern, dass einige Dinge auch funktionieren können, wenn wir sie einfach einmal geschehen lassen und zum jetzigen Zeitpunkt nicht jeden Aspekt unserer Zukunft in der Hand halten.

Alles hat seine Zeit

Ich beschäftige mich damit, was jetzt geschieht, und nicht damit, was morgen eventuell geschehen könnte.

Ich will mir vornehmen, jeden Tag ein bischen mehr Vertrauen in mein Leben zu entwickeln.

Herausforderungen in meinem Leben begegne ich immer einen Tag, einen Moment auf einmal.

 


Kein Opfer, sondern ein kreativer Mensch.

gnk_smallLeben wir über längere Zeit in einer Belastungssituation, können wir schnell von der Vorstellung geprägt werden, Opfer zu sein: Opfer unserer Umstände, Opfer unsensibler Mitmenschen, Opfer der Krankheit des Familienmitgliedes …

Manche von uns haben sich an das Gefühl der Hilflosigkeit und der Resignation bereits gewöhnt. Diese Opferrolle kann sich wie ein grauer Nebel über unsere Wahrnehmung legen und hat sie sich erst eingenistet, sehen wir uns im Alltag darin noch mehr bestätigt. Dies widerum führt dazu, dass sich negative Überzeugungen und Gefühle im täglichen Leben noch mehr bestärken. Wir fühlen uns schnell ausgenutzt, nicht gehört, übergangen, ausgepowert… die Liste ist lang. Ist diese Haltung erst einmal automatisiert, kann sie uns nicht nur in unserem Denken, sondern auch in unserem Handeln beeinflussen.

Gerade für Menschen mit chronischen Belastungen kann ein solches Denken zur Gewohnheit werden – so sehr, dass wir, auch wenn wir gerade gute Dinge erleben, Nachteiliges im Fokus haben.

„Immerhin, Sie sind erfolgreich im Beruf.“
Ach, seufzen wir, Sie wissen ja gar nicht wie sehr mich Projekt xy gerade nervt …

„Sie haben gerade einen Kurzurlaub in den Bergen verbracht.“
Ja, seufzen wir, aber er ist schon wieder vorbei …

„Sie haben ja einige hilfsbereite Menschen an Ihrer Seite.“
Ja, seufzen wir, aber es gibt auch mal Konflikte …

und schliesslich

„Ihr Partner (Kind, FreundIn) hat auf die Behandlung gut angesprochen. “
Ja, aber wer weiss wie lange es vorhält und was als nächstes auf mich zukommt …

Sehen Sie es?

Wenn wir zulassen, dass uns das Opfergefühl beherrscht, können wir mitunter eine beinah geniale Fähigkeit besitzen, auch einer guten Nachricht, einer optimierten Situation, ja selbst den besten Umständen etwas Negatives abzugewinnen.

Unser Körper verweilt in einer Schutzhaltung – wir senken den Kopf, ziehen unsere Schultern hoch und schlurfen resignativ durch unseren Alltag.

Wir gehen davon aus, dass unsere Umstände oder andere Menschen die Macht haben, über unser inwendiges Wohlbefinden zu bestimmen.

Fakt ist, wir sind keine Opfer.

Keine Frage – wir mögen eine Zeit lang in unserem Leben zu Opfern gemacht worden sein. Vielleicht in der Kindheit, vielleicht durch Schicksalsschläge, vielleicht  durch unabänderliche widrige Umstände, vielleicht durch das Verhalten anderer Menschen.

Und im Anschluss daran kann es sein, dass wir unbewusst durch unsere Haltung Menschen und Situationen, die uns in dieser Haltung bestärkten angezogen haben.

Aber wir sind keine Opfer. Denn wir dürfen und können jeden Tag neu beginnen.

Wir können Hilfe annehmen, uns inspirieren lassen.

Wir können die resignative Haltung ablegen.

Wir können lernen von denen, die bereits gelernt haben wie man sich aus der Opferhaltung herausbewegt.
Wir sind keine Menschen, die nur aus Schwächen bestehen. Wir haben ebenso viele Stärken. Durch die Opferhaltung kann es sein, dass wir unsere Stärken aus unserem inneren Blick verloren haben. Wir haben jedoch innere und äussere Ressourcen und selbst wenn wir diese vernachlässigt haben, können wir heute damit beginnen, sie neu aufzubauen. Jeden Tag ein Stück.

Wir können unsere Stärken geltend machen.

Wenn wir in einer schwierigen Situation oder chronisch belastet sind, müssen wir uns nicht zusätzlich selbst zu Opfern machen.

Wir sind Bevollmächtigte unseres Lebens und berechtigt, gesunde Grenzen zu ziehen. So müssen wird nicht zulassen, dass Menschen oder Begebenheiten uns zu Opfern machen.

Auch für Angehörige gilt:
Wir sind nicht Opfer der Erkrankung unseres Familienmitgliedes.

Wir haben Grenzen.
Wir sind nicht für die Erkrankung eines nahestehenden Menschens verantwortlich.
Ebenso wenig können wir seine Krankheit kontrollieren.
Wir können keinen anderen Menschen heilen oder retten.

Aber es gibt durchaus etwas, was wir tun können:
Durch eine gestärkte Haltung zu uns selbst können wir dazu beitragen, dass wir trotz allem leben und uns eine positive Athmosphäre schaffen. Wir können dafür sorgen, dass wir inwendig ausgeglichen sind und nicht um die Krankheit oder damit zusammenhängende Probleme 24 Stunden am Tag kreisen.

Wir können dafür sorgen und uns darin trainieren, dass wir die guten Dinge sehen, riechen, fühlen und schmecken. Damit tragen wir automatisch auch zu etwas Positivem dem anderen Menschen gegenüber bei.
Allein das kann schon sehr viel bewegen!

Auch Menschen mit seelischen Erkrankungen müssen nicht in der Resignation verharren. Ganz gleich was unser körperliches oder seelisches Handicap ist, ganz gleich wie unsere Umstände gerade sind: Wir sind immer noch liebenswerte Menschen und dürfen unsere ganz individuelle Fähigkeit, kreativ zu sein im Rahmen unserer Möglichkeiten nutzen. Viele seelisch erkrankte Menschen finden in der Kunst und Musik eine Möglichkeit, ihre Kreativität zu erkunden und einzigartig zu erleben, neue Wege zu finden. Etliche finden in therapeutischen Seminaren Möglichkeiten, ihre Konflikte angemessen und kreativ zu lösen. Oder ihre Einzigartigkeit zu bejahen und anzunehmen.
Kleine Schritte können große Wirkung zeigen. Auch Sie müssen sich Ihrer Erkrankung nicht ergeben.

Ihnen möchte ich sagen:
Sie sind in erster Linie Mensch – Sie sind nicht Ihre Erkrankung.

Was uns im Leben passiert, kann uns bewegen und durchaus eine Zeit lang ver-rücken, aber es muss uns nicht definieren.

Wir müssen weder in traurigen noch in glücklichen Situationen nach dem Negativen suchen. Wir sind immer noch kreative Menschen, ergo: Mit einer kreativen Natur erschaffen.

Und genau deshalb dürfen und können wir unsere Selbstfürsorge und Selbstverantwortung wahrnehmen.

Es gibt immer ein negatives „Aber…“, wenn wir es zulassen. Ziehen Sie eine Grenze.
Schauen Sie sich mutig Ihre Gefühle an, ohne in sie hineinzugehen.

Empfinden Sie Ärger? Gehen Sie mit Ihre Ärger um.
Hier ist vielleicht gerade ein konseqentes „Nein“, in angemessener Form, das Richtige.

Haben Sie eine Gelegenheit verpasst?
Das passiert vielen Millionen Menschen mehrfach an einem Tag. Es ist in Ordnung, sich zu ärgern. Eine gute Perspektive kann darüber hinaus sein: Vielleicht hat es auch gerade eine gute Seite, dass ich ___ verpasst habe. Zum Beispiel kann ich mir nun mehr Zeit einräumen, mich auf die nächste Gelegenheit gut vorzubereiten und in der Zwischenzeit etwas anderes für mich tun, was auf meiner Liste ist.

Empfinden Sie Enttäuschungsfrust?
Stellen Sie sich den Fakten. Da wo notwendig, ent – täuschen Sie sich.

Teilen Sie sich Ihrem Gegenüber mit.  Es ist in Ordnung, für sich zu sorgen und in eine gesunde Distanz zu gehen, um Klarheit zu gewinnen. Wenn nötig, ziehen Sie sich ggf. eine Zeit lang aus der Beziehung zurück.

Machen sie langsam, mit sich und auch mit dem Anderen. Kreisen Sie nicht um den Konflikt. Entschleunigen Sie sich, geben Sie Ihrer Seele etwas Zeit. Mit etwas Distanz kommt auch Perspektive. Sorgen Sie jetzt für das, was Ihre Seele gerade braucht.

Wir sind zur Kreativität in unserem Denken und Handeln erschaffen. Dies kann sich für jeden Menschen in verschiedenen Fähigkeiten und Gaben äussern. Für den einen kann es bedeuten, sich Hilfe zu holen. Für den anderen wiederum kann es bedeuten, sich aufzurichten und Klärung zu begehren. Für den nächsten widerum kann es bedeuten, heute ganz besonders für sich zu sorgen.

Es bedeutet, Entscheidungen und notwendige Veränderungen anzugehen und dafür die Verantwortung zu übernehmen.

Es gibt mehr Möglichkeiten als uns die Opferhaltung vorgaukelt. Lassen Sie sich inspirieren. Bieten Sie dem Automatismus die Stirn und üben Sie täglich bis sich eine neue Haltung entwickelt. Holen Sie sich Hilfe. Gehen Sie in eine aufrechte Haltung, heben Sie Ihren Kopf, schauen Sie nach vorn.

Sie sind berechtigt, das Gute zu genießen. Tun Sie jeden Tag etwas Gutes für sich.

Gerade wenn Sie starke Belastungen durchmachen, gilt:

Ich wende mich mit mindestens ebenso viel Energie auch dem, was mir gut tut, zu.

 


Erwachsene Kinder tragen besondere Bürden

Erwachsene Kinder psychisch erkrankter und suchtkranker Eltern (im folgenden Text der Einfachheit halber „EK“ genannt) haben oft schwierige seelische Bürden als Folge ihrer Kindheit zu bewältigen. Ihnen gilt ein ganz besonderer Teil meiner Therapie- und Beratungsarbeit.

Derzeit sprechen wir von nahezu drei Millionen Kindern , die in der Bundesrepublik Deutschland mit psychisch erkrankten oder suchtkranken Elternteilen aufwachsen.

Menschen, die ihre Kindheit in stabilen Familien verbracht haben, können oft nicht erahnen, geschweige denn emotional nachvollziehen, wie es in Menschen aussieht, die eine Kindheit in psychisch instabilien Familien erlebt haben. Da helfen keine einfachen Rat-Schläge wie „Komm drüber weg!“. Denn die tiefen, in der Kindheit bezogenen Wunden können schwere seelische Auswirkungen bis in das späte Erwachsenenalter haben.

Verantwortung für das emotionale Wohl aller anderen

So berichten viele EK, dass sie zuständig für die Stimmung ihrer Elternteile und nicht selten auch für die ihrer Geschwister waren. Doch angesichts einer von psychischer Krankheit oder Abhängigkeitserkrankung geprägten Umgebung waren sie der Stimmung ihrer Umgebung ausgeliefert, wurden abgewiesen oder liefen mit ihren Bemühungen ins Leere. Infolgedessen fühlten sie sich schuldig, weil sie den seelischen Ausprägungen der Krankheit nichts entgegensetzen konnten und nicht selten von ihren Angehörigen für deren Zustand verantwortlich gemacht wurden.

Die Folge ist, dass EK dazu tendieren können, in ihren Beziehungen die emotionale Verantwortung für andere zu übernehmen und das eigene seelische Wohl aus dem Auge zu verlieren. Bei vielen machen sich Schuldgefühle bemerkbar und behindern wichtige Entscheidungsfindungsprozesse wenn sie sich in ihren Beziehungen nicht ständig um andere kümmern oder gerade kümmern können.

Selbstfürsorgemangel oder gar -verbot

In einer von psychischer Krankheit oder Sucht geprägter Umgebung sind die Eltern-Kind-Rollen schnell vertauscht. Kinder erleben, wie sie Aufgaben von Erwachsenen übernehmen müssen, um Alltagserfordernisse für die Familie zu stemmen. Nicht selten werden sie dafür gescholten wenn sie etwas für sich selbst tun oder einfach Kind sein wollen. Die ganz normale Unbeschwertheit eines Kindes ging vielen EK verloren weil sie Verbots- oder Schuldgefühle gegenüber ihren Eltern oder anderen Familienangehörigen entwickelten sobald sie auch nur daran dachten, etwas für sich zu tun.

Besonders emotional abhängige bzw. coabhängige Elternteile kreisen mit ihren Gedanken eher um den psychisch erkrankten oder suchtkranken Partner. Die Kinder werden im Zuge dessen nicht selten vernachlässigt und lernen, in ihrer Rolle zu funktionieren. Das kann bedeuten, sich still oder quasi wie unsichtbar verhalten zu müssen. Dies kann auch fü ein Kind bedeuten, auf emotionaler Ebene als Partnerersatz zu fungieren. Das Kind ist dann dafür zuständig, als Ansprech- und Zuhörpartner für diesen Elternteil dazusein. Hierbei wird oft vergessen, dass die mitgeteilten Sorgen und Nöte das Kind sehr verunsichern und sein Vertrauen in die Stabilität seiner sozialen Umgebung und infolgedessen seiner späteren sozialen Umgebungen nachhaltig erschüttern. Angehörige von psychisch oder suchterkrankten Menschen können dies vermeiden, indem sie Selbsthilfegruppen besuchen, eine Beratung oder psychotherapeutische Begleitung aufsuchen, um sich selbst zu stärken und ihre Kinder zu entlasten. Hier können auch Hilfen geboten werden, Kinder im Umgang mit der häuslichen Situation zu stärken.

Leider wird vielen Kindern nicht vermittelt, dass es Hilfe gibt bzw. dass es in Ordnung ist, Kind bzw. kindlich zu sein. In schwierigen Fällen von Vernachlässigung oder Missbrauch kann es dazu kommen, dass Kindern die Fähigkeit, sich selbst etwas Gutes zu tun und die kindliche Seele zu entlasten, aberzogen bzw. verboten wird. Diese Kinder werden dazu genötigt, Verantwortung zu übernehmen, die eigentlich Erwachsenen obliegt. Hier ist es sehr wichtig, dass Abhilfe geschaffen wird und das Kind lernt bzw. darin bestätigt wird, dass es in Ordnung ist, Kind zu sein, zu spielen und sich mit seinen kindlichen Dingen zu befassen.

Ist ein Kind unter den vorgenannten schweren Bedingungen aufgewachsen, lernt es, dass es nicht in Ordnung ist, sich um sich selbst zu kümmern. Es lernt, dass es allezeit belastbar sein muss und kein Recht auf Entlastung hat.

Dies führt dazu, dass der Mensch auch als Erwachsener nicht weiss, dass er zur Selbstfürsorge berechtigt ist. Doch Selbstfürsorge ist eine wichtige Ressource wenn wir nicht ausbrennen wollen. Viele EK erlernen Selbstfürsorge – bzw. die Berechtigung zur Selbstfürsorge – erst im Zuge einer Psychotherapie. Oft müssen dort zunächst die biografischen Altlasten identifiziert und entlarvt werden, um die im Hintergrund aktiven Schuldgefühle und Denkblockaden zu lösen.

Scham und Stigma – das Mäntelchen über der Familie halten

Viele Kinder schämen sich für das merkwürdige Verhalten eines psychisch- oder suchterkrankten Elternteils. Und obendrein fühlen sich viele schuldig für ihre Scham.

Sie vermeiden es, Freunde nach Hause einzuladen und bemühen sich, die Zustände daheim in ihrem schulischen oder freizeitlichen Umfeld vor Gleichaltrigen und anderen Erwachsenen zu verbergen. Hinzu kommt ihre Angst, dass bei einem Eingriff von aussen ihr Elternhaus völlig auseinanderbrechen könnte. So leiden sie im Stillen und werden Profis darin, ihr Leid oder das krankheitsbedingte Leiden, z.B.  eines abhängigkeits- oder psychisch erkrankten Familienmitgliedes oder nahestehenden Menschen zu verbergen.

So lernen diese Kinder sehr früh, dies als ihre Aufgabe anzusehen. Das widerum kann sich sehr auf das Leben im Erwachsenenalter auswirken. Erwachsene Kinder können dazu neiegen, ihre eigenen Bedürftnisse nicht ernst zu nehmen. Dies kann bis hin zur Isolation führen, leider ausgerechnet in Situationen wo das Zugehen auf andere Menschen so wichtig ist. Beispielsweise wenn man selber Hilfe benötigt. Oft sorgen dann altgelernte Schamgefühle an der falschen Stelle dafür, dass sich der Mensch lieber zurückzieht und das Leid mit sich selbst ausmacht als bereit stehende Hilfe zu akzeptieren.

Sie haben Botschaften eingeprägt bekommen wie Was sollen die Leute von uns denken? oder Uns versteht sowieso niemand oder noch schlimmer Damit machst Du alles noch schlimmer! Mit anderen Worten: Sie haben die ihnen vermittelte Hoffnungs- und Perskeptivlosigkeit sowie die kritiklose Hinnahme dieser Botschaften verinnerlicht und sind regressiv geworden.

Erwachsenen Kindern, die dies erlebt haben und heute an diesen oder ähnlichen Folgen in ihrem Leben leiden, möchte ich Mut zu sprechen. Vielleicht haben Sie den Eindruck, dass Ihnen Veränderung schwer fällt, dass die alten Muster zu tief sitzen. Aber Veränderung ist möglich. Sie sind aufgewachsen in einem ungesunden Umfeld und möglicherweise in vielen akuten Situationen. Als Kind hatten Sie aus vielerlei Gründen nicht die Möglichkeit zu hinterfragen, ob die Ihnen mitgeteilten Botschaften richtig sind bzw. der Realität entsprachen.

Diese Zeit ist vorbei. Sie haben das Recht, diese Überzeugungen in Frage zu stellen und andere, gesündere Wege zu gehen.

Sie haben das Recht, sich Hilfe zu suchen.
Sie sind nicht allein. Es gibt andere Menschen, denen es so geht wie Ihnen.
Sie haben das Recht, Menschen zu finden, die Ihnen zuhören und Sie mit Ihren Bedürftnissen ernst nehmen.
Menschen, die Sie ermutigen und begleiten auf dem Weg in die Veränderung.
Sie haben das Recht auf Veränderung.

Ihr Leben ist es wert. Sie sind es wert.

Ich werde in den nächsten Wochen in diesem Blog mehr zu Veränderungsmöglichkeiten für Erwachsene Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern schreiben.
Bleiben Sie dran!


Mein Familienmitglied ist depressiv – was kann ich tun?

Es ist eine große Herausforderung, die Krankheit Depression bei einem nahestehenden Menschen zu erleben. Für viele Angehörige kommt die Belastung hinzu, für sämtliche Alltagserfordernisse der Familie allein Sorge zu tragen und sich um alle gesundheitlichen und versorgungsseitigen Belange des Familienmitgliedes zu kümmern. Es ist nur normal, dass daher oft auch die Emotionen bei Angehörigen Kopf stehen und Kommunikation untereinander erschwert stattfindet.

Aber Kommunikation ist und bleibt notwendig und selbst wenn der depressiv erkrankte Mensch in Sachen Kommunikation den Rückzug angetreten hat, bleiben Versuche, Kontakt herzustellen doch nicht unbemerkt .

Wie bei allen psychischen Störungen gibt es kein Patentrezept. Es gibt jedoch Ansätze, die anderen Angehörigen bereits geholfen haben in der täglichen Begegnung mit der Krankheit.

Informieren Sie sich über die Krankheit

Manchmal stimmt der Slogan „Gut informiert ist halb gelitten“. Einen neuen informierten Blick auf die Krankheit gewinnnen kann den eigenen Unsicherheiten und  Ängsten sehr entgegenwirken. Es kann Mut machen und für neue Ideen sorgen. Je mehr Sie über die Krankheit Ihres Familienmitgliedes wissen, desto weniger müssen Sie sich ihr ausgeliefert fühlen. Sie können sich mithin besser auf Situationen vorbereiten und gefasster reagieren. Informationen finden Sie beispielsweise bei der Deutschen Depressionshilfe und beim Robert Koch Institut.

Suchen Sie sich Unterstützung

Ich kann es immer wieder nur betonen – ein Ort wo Sie frei sprechen und ihren Gefühlen Raum geben können ist eine Oase für Angehörige. Sie müssen mit dieser Belastung nicht allein fertig werden. Suchen Sie Menschen, die Ihre Gefühle verstehen, die Ähnliches durchgemacht haben. Besuchen Sie Selbsthilfegruppen. Unternehmen Sie etwas mit anderen Menschen. Wenn Ihr Partner bislang den aktiveren Part übernommen hatte, dann trauen Sie sich nun auch allein etwas zu.

Wenn Sie sich selbst bereits am Rande Ihrer Belastungsgrenze fühlen, sind Berater und Therapeuten, die Ihnen supportiven Beistand geben und helfen können, Lebensqualität wiederzufinden, hilfreich. Vielleicht haben Sie diese Möglichkeit noch gar nicht in Betracht gezogen oder müssen sich überwinden, das Ungewohnte zu wagen. Geben sie sich einen Ruck und probieren sie es aus – Hilfe ist gar nicht so fern wie man denkt! Gerade für Angehörige ist regelmässige emotionale Entlastung wichtig, erweitert die eigenen Perspektiven, fördert das Aufladen der Batterien und das Bewusstwerden ihrer verschütteten Ressourcen.

Suchen und fördern Sie Ressourcen

Im Gespräch mit Ihrem Familienmitglied können auch Sie Ressourcen fördern. Entwickeln Sie einen Sensor für nicht-depressive Äusserungen und Verhaltensweisen und belohnen bzw. verstärken Sie sie.

Lernen Sie neues Zuhören

Ich habe es ganz bewusst so formuliert – das Zuhören will neu erlernt sein. Wenn Sie Menschen gefunden haben, die Ihnen zuhören, können Sie auch diese Gabe neu entwickeln und Ihrem Familienmitglied zuhören. Oft ist dies wenn man sich schon lange kennt oder über längere Zeit mit der Krankheit gelebt hat, eine Herausforderung. Sicher braucht es hierfür Zeit (und die ist zugegebenerweise heute ein knappes Gut) aber es lohnt sich. Üben Sie neues, bewusstes, nicht bewertendes Zuhören bei nicht-erkrankten Menschen im Alltag.

Wenn Sie Ihrem Familienmitglied bewusstes Zuhören schenken, schaffen sie eine Athmosphäre der Wertschätzung. Ein depressiver Mensch ist oft genau vom Gegenteil überzeugt, nämlich davon, nichts wert zu sein. Hier können Sie die Krankheit kontern. Geben Sie dem Kranken Zeit, seine Gedanken in Worte zu fassen. Kontrollieren Sie Ihre Reaktion. Beschliessen Sie bewusst, das Gesagte nicht zu bewerten und nicht zu unterbrechen. Entscheiden Sie sich, das Gehörte nicht zu kritisieren oder bewertend zu kommentieren.

Den ganzen Menschen sehen

Ihr Partner oder Familienmitglied ist mehr als seine Erkrankung. Versuchen Sie, den Mensch hinter der Krankheit als ihren Gegenüber zu sehen und achten Sie darauf, dass die Gesprächsinhalte sich nicht nur um seine Erkrankung drehen. Lenken sie Ihren Fokus auf Themen des normalen Lebens und versuchen Sie den Depressiven einzubeziehen aber überfordern Sie ihn nicht.

Erwartungshaltung korrigieren

Auch wenn Sie bis hierher alles beherzigt haben (und da wir Menschen sind, ist dies erst mit einer Weile Training realisierbar), erwarten sie bitte keine Besserung für Ihre Zuwendung. Denken Sie daran, dass es eine Erkrankung ist. Zeigen Sie menschliche Wärme und Zuwendung ohne Bedingungen wie Sie es auch für einen Menschen, der einen Herzinfarkt erlitten hat, tun würden.

Ihr Wunsch nach Besserung ist verständlich; für den Kranken jedoch kann dieser wahrgenommene Wunsch eine große Überforderung darstellen, die ihn zum erneuten Rückzug bewegen kann. Denken Sie daran, Depression hat nichts mit Nicht-Wollen zu tun. Depression bedeutet Nicht-Wollen-Können.

 Verzichten Sie auf Rat-Schläge

Natürlich meinen wir im halbwegs gesunden Zustand zu wissen, was richtig und falsch für den Kranken ist. Oft ist dem aber gar nicht so, weil wir in die innere Dynamik der depressiven Erkrankung nicht hineinsehen und verstehen können was der Depressive Mensch gerade inwendig wahrnimmt. Gut gemeinte Ratschläge, künstliches Aufmuntern oder die klassischen Aufforderungen, „sich zusammenzureissen“, sind gerade für depressiv erkrankte Menschen eher Schläge als Rat und verstärken nur die resignierte Stimmung beim Erkrankten.  Was nutzt der beste Rat, wenn er für den Betroffenen schlichtweg nicht umsetzbar ist?

Alltagsstruktur etablieren und unterstützen

Depressive Menschen brauchen strukturierte Alltagsabläufe. Hier können sie als Angehöriger unterstützen, indem Sie die Bedingungen da wo es Ihnen möglich ist,  sicherstellen. Dazu kann gehören: Morgendliches Wecken zur selben Zeit, regelmäßige Essenszeiten, Rituale, die dem Depressiven Halt und Sicherheit geben. Wichtig ist hierbei allerdings, dem Kranken nichts überzustülpen oder etwas zu erzwingen, was er nicht leisten kann. Vermeiden Sie Versagenserlebnisse beim Erkrankten.

Unterstützen durch Nicht-Unterstützen

Wenn es Dinge gibt, die der Betroffene allein verrichten kann und will, ist es sehr wichtig, ihm diesen Teil zu überlassen und nicht zur Hilfe zu eilen bzw. den Job abzunehmen. Denn Depression ist wie eine Lähmung. Umso aufbauender ist es für den depressiven Menschen, wenn er etwas alleine schaffen kann. Etwas alleine bewerkstelligen bedeutet in diesem Fall Ressourcen aufbauen. Wenn man es weg nimmt suggeriert dies dem Erkrankten, dass er zu nichts in der Lage ist und es beim nächsten Mal gar nicht erst versucht.
Ganz wichtig: Bewerten Sie nach getanem Job nicht das Ergebnis, versuchen Sie vielmehr die Errungenschaft trotz aller Mängel zu loben und sich aufrichtig mit dem Betroffenen zu freuen. Freuen Sie sich über seine Freude.

Mit anderen Worten: Das Glas ist halbvoll, nicht halbleer.

Das Beste noch einmal zum Schluss: Sorgen Sie für sich

Sicher bedeuten alle diese Punkte sehr viel Veränderung für Sie. Denken sie daran, dass es viele andere Menschen mit ähnlichen Herausforderungen gibt. Dass es Experten gibt, die Sie dabei begleiten können, in die neuen Kommunikationsformen hineinzufinden und langfristig Ihre emotionale Belastung lindern. Sie sind es wert!

 


Angehörige: Neue Wege beschreiten

Eine akzeptierende Grundhaltung

Es kann helfen, sich bewusst zu machen, dass es sich bei aller partnerschaftlichen und familiären oder freundschaftlichen Nähe um das Leben eines anderen Menschen mit ganz individuellen Bedürftnissen handelt.

Und das trifft gerade für Menschen zu, die an einer psychischen Störung leiden.

Natürlich ist es in Ordnung, für ein krankes Familienmitglied da zu sein. Geraten Sie jedoch nicht in endlose Diskussionen mit dem Erkankten. Suchen Sie zunächst bei sich nach einer akzeptierenden Grundhaltung. Eine akzeptierende Grundhaltung bedeutet nicht, dass Sie mit den Überzeugungen des Erkrankten übereinstimmen müssen. Ebenso  signalisieren Sie mit einer solchen Haltung nicht, dass Sie sich mit der Erkrankung abgefunden oder ihn gar aufgegeben haben.  Auch bedeutet es nicht, dass Sie irrationale Annahmen bestärken oder Ihre Grenzen nicht setzen.

Es geht vielmehr darum zu signalisieren, dass Sie ihn

  • ernst nehmen,
  • wertschätzen,
  • als Mensch so akzeptieren wie er gerade ist.

Eine akzeptierende Grundhaltung ist das, was sich ein psychisch erkrankter Mensch von den ihm nahestehenden Menschen am meisten wünscht.

Ich habe in meiner Arbeit mit psychisch erkrankten Menschen beobachtet, dass eine solche Grundhaltung sehr hilfreich ist, um einen Zugang zueinander zu finden und langfristig an einem vertrauensvollen Miteinander zu arbeiten.

Angehörige, die gelernt haben, eine akzeptierende Grundhaltung zu praktizieren, bestätigen, dass sie die Beziehung zu ihrem Familienmitglied erhalten und mithin erneuern konnten.

Überdies konnten sie sich selbst langfristig gedanklich und emotional entlasten.

Akzeptanz hat etwas Heilsames. Sie befreit von der Überzeugung, dinge, die nicht in unserer Macht stehen, ändern zu können (wie z. B. die psychische Krankheit und ihre Symptome wie beispielsweise irrationale Überzeugungen eines anderen Menschen). Sie befreit auch von Schuld- und überzogenen Verantwortungsgefühlen. Sie sortiert unsere Emotionen und hilft uns, Dinge realitätskonform einzuordnen. Genau das ist jetzt notwendig, um einen klaren Kopf zu behalten und Raum für einen neuen Umgang mit der Erkrankung zu schaffen.

Das ist es wert, oder?

Für das Einüben einer akzeptierenden Grundhaltung werden Sie eine längere Zeit brauchen und das ist in Ordnung. Geben Sie sich Zeit und Geduld. Wir sind es nicht gewohnt, so zu denken und gerade in  dieser Situation zuviel von sich zu verlangen, wäre kontraproduktiv.  Versuchen Sie, sich das Erlernen dieser Grundhaltung als langfristiges Ziel zu setzen. Sie müssen nicht perfekt sein. Rechnen Sie mit Unterbrechungen und Rückschlägen. Mir ist kein Mensch bekannt, der diese Haltung je vollständig erlangt hat. Aber Sie können nur für heute in kleinen Schritten mit dem Einüben einer solchen Haltung beginnen:

Kreisen Ihre Gedanken um den Betroffenen, dann machen Sie sich bewusst:

Es ist wie es ist.

Tun Sie dies in einer liebevollen Grundhaltung sich selbst gegenüber. Damit gehen Sie den ersten wichtigen Schritt, die Realität zu akzeptieren.

Verlangen Sie sich nicht zuviel ab. Praktizieren Sie diesen Schritt immer nur einen Tag auf einmal, notfalls eine Stunde, auf einmal.

Denken Sie daran, dass Veränderungen im Leben immer Unsicherheit hervorrufen. Oft kommen diese durch schwerwiegende Ereignisse zustande. Wir können viele Parameter unseres Lebens auf sicherem Grund aufstellen, können uns jedoch nicht aussuchen wann und welche einschneidenden Lebensereignisse uns treffen. Wir können jedoch unsere Reaktion auf diese Ereignisse beeinflussen und mit einer stärkenden Einstellung und gestärkten inneren Ressourcen das Beste daraus machen.

Neue Situationen erfordern neue Haltungen. Auch wenn Sie nichts am gesundheitlichen Zustand Ihres Familienmitglieds ändern können, können sie doch durchaus etwas für sich tun, um gestärkt mit dieser schwierigen Belastungssituation umzugehen. Sie können sich erfahrene Hilfe holen und lernen, ihre inneren Ressourcen zu entdecken und zu nutzen und neue Ressourcen aufzubauen.

Eine achtsame, akzeptierende Haltung kann Ihnen einen ersten neuen Zugang zu dem erkrankten Familienmitglied ebnen. Dies kann der Einstieg in eine neue, veränderte Beziehung sein und Hilfe bieten, von Vorstellungen, die im Kontext der Erkrankung nicht mehr funktionieren, loszulassen.

Sehen Sie Ihren Verantwortungsbereich realistisch.

Denken Sie daran, dass Ihr eigenes Leben weiter besteht und bei aller Verbundenheit und dem Wunsch, zu helfen nicht auch noch durch die Erkrankung zum Erlahmen gebracht werden sollte. Für Ihr eigenes Leben sind Sie zuallererst verantwortlich. Der Umfang Ihres Lebens ist größer und eigenständiger und muss nicht auf die Erkrankung Ihres Familienmitgliedes reduziert sein. Setzen Sie gesunde Grenzen. Gerade das ermöglicht Ihnen, ein starker und verlässlicher Partner für das betroffene Familienmitglied zu sein.

Selbst wenn Sie schon seit langem für einen erkrankten Menschen da sind, können Sie sich stärken und Ihr Leben um neue Ressourcen bereichern. Sie helfen niemandem damit, sich selbst aufzugeben.

Indem Sie sich selbst stärken, stärken Sie auch den Betroffenen und andere Mitglieder Ihrer Familie, die ebenso wie Sie darum ringen, wie sie mit der neuen Situation umgehen können.


Angehörige: Erste Schritte, zweiter Teil

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Oft wird alles Machbare in die Wege geleitet und an den Erkrankten appelliert. Natürlich möchte man den ursprünglichen gesunden Zustand des geliebten Menschen wiederherstellen.
Nicht selten wird kategorisch ausgeschlossen, dass es sich tatsächlich um eine psychische Erkrankung handelt.

Es ist richtig, sich eine zweite Meinung einzuholen und nicht die erst beste Verdachtsdiagnose hinzunehmen. Zusätzlich zur psychiatrischen Abklärung sollte stets eine medizinische Untersuchung vorgenommen werden, um nerurologische oder organische Ursachen auszuschliessen.

Besteht dann allerdings kein Zweifel mehr, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, machen sich bei vielen Angehörigen Gefühle der Überforderung, Ohnmacht, Enttäuschung, Ärger und mitunter Resignation breit. Das ist eine menschliche Reaktion auf einen unmenschlichen Umstand. Wohlgemerkt, nicht allen Angehörigen ergeht es so, aber vielen. Allerdings ist es wichtig, diese Gefühle nicht an dem Betroffenen auszulassen sondern spätestens dann für sich sich selbst Hilfe zu holen.

Holen Sie sich einen Experten ins Boot.

Die Erfahrung zeigt, dass es gerade für Angehörige hilfreich und entlastend sein kann, wenn sie die Ohnmacht, die Trauer, die Anspannung, das gesamte emotionale Knäuel zu einem erfahrenen Berater oder Psychotherapeuten bringen können, der sie ein Stück des Weges begleitet und dabei hilft, schwierige und mitunter verstörenden Erlebnisse mit der Erkrankung einzuordnen und ihre Gefühle ein Stück weit auffangen und Ihren mit der Krankheit im Zusammenhang stehenden Fragen zu begegnen.

Mit Dingen umgehen, die wir nicht ändern können.

Wir Menschen sind es gewohnt, Ereignisse in unserem Leben selbstständig und auf unsere eigene Art und Weise zu meistern. Wir haben gelernt, einen Schaden schnell und effizient zu beheben. Wenn ein schwieriges Ereignis außerhalb unseres Machbarkeitsbereiches eintrifft, fühlen wir uns überfordert. Erst recht, wenn es nicht uns selbst, sondern die Menschen in unserer Familie betrifft. Unsere Möglichkeiten, auf einschneidende Ereignisse im Leben eines anderen Menschen Einfluss zu nehmen, sind jedoch sehr begrenzt.

Genau aus diesem Grund beginnt der erste sinnvolle und hilfreiche Schritt in der vorliegenden Situation mit der Fürsorge für uns selbst.

Nun kann es gerade Menschen, die die Rolle der allzeit helfenden Hand in der Familie innehaben, schwerfallen, den Fokus ihrer Fürsorge zunächst einmal zurück auf sich selbst zu richten wenn der geliebte Mensch schwer erkrankt ist. Oft empfinden sie Schuldgefühle. Schuldgefühle führen jedoch nicht zu Lösungen und schwächen uns in unserer Handlungsfähigkeit.

Wir können einem anderen Menschen durchaus bei körperlichen Leiden Linderung verschaffen und auch im Gespräch unser Verständnis und Hilfe da, wo sie willkommen ist, anbieten. Wir können medizinische Versorgung, Hilfsangebote in die Wege leiten und selbst bis zu einem gewissen Grad praktische Hilfe leisten. Wir können uns jedoch nicht in den Kopf eines anderen Menschen hineinbegeben. Da psychisch erkrankte Menschen oft Widerstand gegen Hilfe aufbringen weil sie sich aufgrund der Krankheitsauswirkungen bereits in ihrer Autonomie geschwächt fühlen, macht es an dieser Stelle keinen Sinn, weiteren Widerstand zu erzeugen.

Beginnen Sie dort, wo Sie etwas verändern können.

Es gibt einen Bereich, wo wir in der Tat etwas verändern können: Bei uns.

Wenn alles getan ist und professionelle Hilfe für den Betroffenen organisiert ist, dann ist es an der Zeit sich rückzubesinnen, dass Sie ermächtigt und berechtigt sind, Ihr eigenes Leben zu stärken und für Ihre körperliche und seelische Gesundheit zu sorgen. Gerade dies ist in schweren Belastungssituationen notwendig.

Mit dem Gedanken, diese ersten Schritte in die Tat umzusetzen, haben Sie bereits begonnen, der Störung die Stirn zu bieten.

Bleiben Sie dran, immer einen Tag auf einmal.

 


Angehörige: Erste Schritte in die neue Realität

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Besonders Angehörige, die erst kürzlich damit konfrontiert wurden, dass ein nahestehendes Familienmitglied an einer psychischen Störung leidet, befinden sich zunächst in einer Art Schockzustand.

Gerade Eltern, deren jugendliche oder bereits erwachsenen Kinder betroffen sind, trifft es besonders hart wenn sie die akute Symptomatik der Erkrankung erleben.

Auch erwachsene Kinder, die ihre Eltern im akuten Zustand einer psychischen Erkrankung erleben, fühlen sich hilflos und sehen sich oft überfordert und mit vielen Fragen und Gefühlen konfrontiert.

Wenn Sie als Angehöriger gerade mit dem Erleben einer psychischen Erkrankung  konfrontiert sind, möchte ich Ihnen zunächst einmal sagen, dass Ihre Empfindungen ganz normal und in Ordnung sind. Die Beziehung zu einem Familienmitglied oder einem geliebten Menschen ist eine wichtige Ressource in unserem Leben. Auch die Sorge um die berufliche und finanzielle Existenz und nicht zuletzt auch Befürchtungen, Stigmatisierungen im gesellschaftlichen Umfeld zu begegnen, sind keine leichten Begleiter und in dieser Situation völlig verständlich.

Erste Hilfe veranlassen.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle Mut und Kraft zusprechen, die notwendigen Schritte zu veranlassen, die nun wichtig sind. Setzen Sie sich mit einem sozialpsychiatrischen Dienst oder mit einem niedergelassenen Psychiater in Verbindung. Ist die Erkrankung akut und besteht Grund zur Annahme, dass eine Eigen- oder Fremdgefährdung möglich ist, sollten Sie für eine Klinikeinweisung sorgen. Auch wenn Ihnen diese Maßnahme schwer fällt, zögern Sie bitte nicht, denn Sie sorgen für Sicherheit und eine fachärztliche Behandlung der Erkrankung.

Sie können sich durch Hinzuziehen eines sozialpsychiatrischen Dienstes oder mit Hilfe anderer Angehöriger in vielerlei Hinsicht entlasten.

Im Angesicht einer psychischen Erkrankung fühlt man sich oft allein. Auch wenn Sie viele Familienmitglieder um sich herum haben kann es sein, dass Sie sich mit ihren Gefühlen allein gelassen fühlen. Auch das ist ein normaler Umstand, weil jedes Familienmitglied seinen eigenen Weg finden muss, sich der Situation zu stellen.

Hier können sie möglicherweise Unterstützung bei den Selbsthilfegruppen des BApK (Bundesverband der Angehörigen psychisch kranker Menschen) finden und Menschen kennenlernen, die Ihre Situation verstehen und wertvolle Tipps geben können.

 

 


Diagnose: Depressive Episode

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Depressionen können unterschiedliche Ursachen haben.

Bei der endogenen Depression liegt die Ursache im Botenstoffhaushalt im Gehirn. Auch können genetische Vorbelastungen bestehen.

Bei einer organischen Depression liegen körperliche Ursachen wie z.B. Erkrankungen des Stoffwechsels oder des Organsystems vor.

Die Depressionsform Dysthymia findet ihren Ursprung in der biografischen Entwicklung eines Menschen und beginnt meist im Jugendalter.

Auch im Zuge einer chronischen Lebensbelastung kann sich eine Depression entwickeln.
Sie wird als reaktive Depression bezeichnet. Menschen, die chronisch belastende Lebenssituationen oder Ereignisse bewältigen müssen, können langfristig den Zugang zu ihren inneren Resourcen verlieren und eine Depression kann sich einschleichen.

Eine Depression kann auch mit einer Abhängigkeitserkrankung oder anderen psychischen Störungen einhergehen.

Die zeitliche Phase einer Depression wird laut Internationaler Klassifikation (ICD10) der WHO Depressive Episode genannt, im wiederkehrenden Fall: Rezidivierende Depressive Episode. Sie zählt zur Kategorie der Affektiven Störungen.

In jedem Fall sollte eine medizinische Abklärung vorgenomen werden. Depression ist in vielen Fällen mit Medikamenten und mit einer Psychotherapie behandelbar.

In einer Depressiven Episode verändern sich Erleben und Verhalten des Betroffenen.

Der Mensch leidet unter einer chronisch gedrückten Stimmung und verliert zunehmend das Interesse an den Dingen des Lebens. Dies kann darin münden, dass er auch an den Dingen und Ereignissen, die er eigentlich sehr mag keine Freude mehr empfindet. Er schwingt nicht mehr mit in der Kommunikation mit anderen Menschen und im täglichen Miteinander und zieht sich zurück, fühlt sich schlapp und antriebslos, oft wie von bleiernder Müdigkeit durchzogen. Seine Konzentrationsfähigkeit ist vermindert, er grübelt viel, steckt mit seinen Gedanken im Sorgenkreisel. Entsprechend fühlt er sich unsicher, Entscheidungen zu treffen. Seine Leistungsfähigkeit ist zunehmend eingeschränkter. Seine Aussagen sind geprägt von Hoffnungslosigkeit, mangelndem Selbstvertrauen und es kommen Selbstvorwürfe hinzu.

Körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Libidoverlust und Appetitlosigkeit gehören auch zu den Leitsymptomen der Depression. Auch körperliche Schmerzen, die keiner organischen Ursache zugeordnet werden können, können Teil des Krankheitsbildes sein.

Eine Depression kann sich in einen schweren Verlauf mit Bewegungslosigkeit (Stupor) und Wahnvorstellungen entwickeln, sie kann auch zum Suizid führen. Der Mensch gerät in eine Abwärtsdynamik, aus der er ohne ärztliche und psychotherapeutische Hilfe nicht mehr herausfindet.

Je nach Schweregrad müssen nicht alle genannten Symptome auftreten, um eine Depressive Episode zu diagnostizieren. Mehr Infos zu den Schweregraden finden Sie hier

Angehörigen möchte ich an dieser Stelle ans Herz legen: Bitte nehmen Sie die Symptome ihres Familienmitgliedes ernst. Oft geben depressive Menschen selbst in der mittelschweren Phase sich noch Mühe, nach aussen für Partner und Familie einigermaßen präsent und ansprechbar zu wirken, während sie innerlich bereits über einen längeren Zeitraum mit einer Abwärtsspirale kämpfen. Die Betroffenen schämen sich für ihren Zustand oder haben Sorge bzw. Schuldgefühle, ihre Angehörigen zu belasten und versuchen so lange wie es nur geht ihre innere Not zu verbergen.

Im Gespräch höre ich mitunter „Mein Ehepartner (Lebensgefährte/ Sohn/ Tochter) lässt sich seit einiger Zeit hängen“. Bei einem Gespräch mit dem Betroffenen stellt sich dann eine bereits länger andauernde, behandlungsbedürftige Depression heraus.

Tritt die Depression nach aussen zutage, fällt es Angehörigen oft schwer, zu glauben, dass der Mensch sich nicht aufraffen kann, vor allem wenn er lange stark und gesund schien. Man glaubt, dass eine Willensentscheidung, sich aus dem Durchhänger aufzuraffen die Lösung ist und gibt Ratschläge, umsorgt den Erkrankten oder nimmt eine frustrierte Distanzhaltung ein, während dieser sich zunehmend zurück zieht und in seiner Jammerhaltung verharrt.

Bitte ziehen Sie in Erwägung, dass es sich um eine Erkrankung handeln kann. Bei einer Depression geht es nicht um das Nicht-Wollen – es geht um das Nicht-Wollen-Können des Betroffenen.

Noch etwas: Bitte machen Sie sich keinen Vorwurf. Gerade für Angehörige kann es schwer sein, eine Depression zu erkennen. Kurioserweise sind wir mitunter zu nah an unseren Familienmitgliedern, um zu sehen was ihnen genau fehlt. Das liegt in der Natur der Sache, dafür können Sie nichts. Wichtig ist, dass Sie jetzt beherzt handeln.

Da sich das betroffene Familienmitglied bei fortgeschrittener Depression selbst nicht helfen kann, ist es sehr wichtig, umgehend einen Facharzt für Psychiatrie bzw. Psychosomatik oder einen Psychotherapeuten aufzusuchen um Art und Ursache der Erkrankung abzuklären und die Dynamik der Depression ggf. medikamentös zu stoppen oder in eine Fachklinik zu überweisen.

Zusätzlich zur pharmakologischen Therapie hilft die Psychotherapie dem Betroffenen, neue Perspektiven, Lebensmut und Auftrieb zu entwickeln und aus der Hoffnungslosigkeit herauszufinden.

In einem weiterführenden Artikel möchte ich Ihnen ein paar Tipps für den Umgang mit ihrem depressiven Familienmitglied an die Hand geben.


Ein Blog für Angehörige und Menschen mit schweren seelischen Belastungen

Angehörige psychisch Erkrankter und Angehörige suchtkranker Menschen stehen in einem ganz besonderen Spannungsfeld und meistern täglich schwierige Gratwanderungen.

Menschen mit schweren seelischen Belastungen – mitten unter uns und doch oft unerkannt. Niemand nimmt die sich anbahnende Lebenskrise wahr, weil wir oft nicht reden. Nicht selten sind schwere Partnerkonflikte, Mobbing am Arbeitsplatz, Scheidung oder der Verlust eines geliebten Menschen unbearbeitet Auslöser für Überforderungssymptome und münden in Burn-Out oder Depression. Das ist vermeidbar!

Während meiner Arbeit in therapeutischen Gruppen, Begleitung von Selbsthilfegruppen, klinischen Praktika und meiner eigenen Praxistätigkeit habe ich den Wunsch entwickelt, Angehörigen und seelisch belasteten Menschen Oasen zu bieten, wo sie ihre speziellen Nöte und Anliegen zum Ausdruck bringen und im Zuge des Sich-Mitteilens und -Wahrnehmens die eigenen Resourcen wiederfinden können.

Neue Impulse, Perspektiven und auch Lösungen für den Alltag können entstehen.

Mein Blog soll einen Teil meiner Arbeit wiederspiegeln und suchenden Angehörigen einen Ort bieten, wo sie sich wiederfinden, Informationen und Kraft für die Wegstrecke und eine Stimme bekommen.

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Sylvia Stiel
Heilpraktikerin für Psychotherapie

Kontakt:  Aufatmen Praxis



Blog-Netiquette und Moderation

Liebe Leser und liebe Leserinnen,

dieser Blog soll zum Austausch von Informationen sowie Erfahrung, Kraft und Hoffnung dienen und lädt zum Kommentieren ein. Voraussetzung für einen florierenden und fruchtbaren Austausch ist ein freundlicher und sachlicher Umgangston, der auch die Akzeptanz anderer Meinungen zu einem Thema beinhaltet.

Bitte beachten Sie, dass gerade das Thema psychische Erkrankung sehr kontrovers diskutiert wird und auch die Psychiatrie und Psychotherapie und keine abgeschlossenen Wissenschaften sind.

Kommentare werden geprüft und in der Regel innerhalb 24 Stunden veröffentlicht. Ich bitte hierfür um etwas Geduld und Verständnis.

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Anregungen zum Blog oder zu Kommentaren nehme ich gerne hier auf:

 

 


Keine Diagnose – was nun?

Vgnk_smallon Angehörigen psychisch erkrankter Menschen höre ich oft, dass mit ihnen nicht über die Diagnose ihres Familienmitgliedes gesprochen wurde. Obwohl sie den Symptomen der Störung täglich ausgesetzt sind, wird ihnen – meist auf Wunsch des Betroffenen – nicht mitgeteilt, was ihm bzw. ihr eigentlich fehlt. Ärzte, Psychiater und Psychotherapeuten unterliegen ihrer Schweigepflicht.

Wenn psychisch Erkrankte nicht über ihre Diagnose sprechen wollen, liegt dies meist daran, dass sie verständlicherweise Schwierigkeiten haben, sich mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen. Viele – insbesondere die, die an einer akuten Psychose leiden – wissen nicht wie ihnen plötzlich geschieht und fühlen sich ihrem wirklichkeitsfernen Erleben ausgeliefert. Natürlich verursacht dies starke Ängste, gerade auch im Bezug auf die Aussenwelt, die eine andere Wahrnehmung der Dinge hat, die für den Betroffenen nicht zugänglich ist. Hinzu kommt die Sorge, dass andere Menschen nun das eigene Leben steuern könnten und damit sozusagen eine Entmündigung, sprich: der Verlust der Selbstbestimmung und Entscheidungsbefähigung über das eigene Leben, stattfindet.

Versetzen wir uns einmal in diese Lage, wird uns schnell klar, dass die Weigerung des Betroffenen nichts mit uns zu tun hat sondern quasi ein Symptom der Krankheit ansich ist.

Wenngleich es schwierig ist, den Betroffenen im akuten Erkrankungsstadium zu erreichen, kann man doch als Angehörige/r diesen Ängsten begegnen und einiges bewirken. Mehr hierzu in Kürze hier.

Die Erfahrung zeigt auch, dass es schnell schief läuft, wenn man seiner Verzweiflung gegenüber dem Betroffenen Raum gibt und direkt auf den Betroffenen einwirkt.

Sinnvoller ist es, sich selbst direkt an unabhängige Fachleute zu wenden, die sich mit der Symptomatik von psychischen Störungen bzw. psychiatrischen Erkrankungen auskennen. Für Psychotherapeuten und Heilpraktiker für Psychotherapie gehören die Kenntnisse der Allgemeinen Psychopathologie, Krankheitslehre und Diagnostik (Lehre von den psychischen Störungen nach ICD / DSM inkl. Symptomatik) zu ihrem Berufshandwerk. Darüber hinaus können Sie Ihnen Möglichkeiten im Umgang mit dem Betroffenen und Hilfsangebote aufzeigen und Sie dabei unterstützen, angesichts der schwierigen Gratwanderung nicht Ihre eigene seelische Balance zu verlieren.

Um Angehörigen zumindest einen Überblick zu verschaffen, werde ich in der Rubrik Diagnosen verstehen nach und nach einzelne Störungsbilder aufgreifen und die Symptome beschreiben. Natürlich ist eine genaue Diagnose nur bei entsprechender Kenntnis eines Klienten/ Patienten möglich. In jedem Fall kann ich nur empfehlen, sich unabhängige Expertise und Unterstützung an Ihre Seite zu holen. Angehörige aus dem Raum Rhein-Main und Wetterau können sich mit meiner Praxis in Verbindung setzen.