Aufatmen Blog

Raum für Angehörige und Menschen mit seelischen Belastungen

Angehörige: Erste Schritte, zweiter Teil

gnk_small
Oft wird alles Machbare in die Wege geleitet und an den Erkrankten appelliert. Natürlich möchte man den ursprünglichen gesunden Zustand des geliebten Menschen wiederherstellen.
Nicht selten wird kategorisch ausgeschlossen, dass es sich tatsächlich um eine psychische Erkrankung handelt.

Es ist richtig, sich eine zweite Meinung einzuholen und nicht die erst beste Verdachtsdiagnose hinzunehmen. Zusätzlich zur psychiatrischen Abklärung sollte stets eine medizinische Untersuchung vorgenommen werden, um nerurologische oder organische Ursachen auszuschliessen.

Besteht dann allerdings kein Zweifel mehr, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, machen sich bei vielen Angehörigen Gefühle der Überforderung, Ohnmacht, Enttäuschung, Ärger und mitunter Resignation breit. Das ist eine menschliche Reaktion auf einen unmenschlichen Umstand. Wohlgemerkt, nicht allen Angehörigen ergeht es so, aber vielen. Allerdings ist es wichtig, diese Gefühle nicht an dem Betroffenen auszulassen sondern spätestens dann für sich sich selbst Hilfe zu holen.

Holen Sie sich einen Experten ins Boot.

Die Erfahrung zeigt, dass es gerade für Angehörige hilfreich und entlastend sein kann, wenn sie die Ohnmacht, die Trauer, die Anspannung, das gesamte emotionale Knäuel zu einem erfahrenen Berater oder Psychotherapeuten bringen können, der sie ein Stück des Weges begleitet und dabei hilft, schwierige und mitunter verstörenden Erlebnisse mit der Erkrankung einzuordnen und ihre Gefühle ein Stück weit auffangen und Ihren mit der Krankheit im Zusammenhang stehenden Fragen zu begegnen.

Mit Dingen umgehen, die wir nicht ändern können.

Wir Menschen sind es gewohnt, Ereignisse in unserem Leben selbstständig und auf unsere eigene Art und Weise zu meistern. Wir haben gelernt, einen Schaden schnell und effizient zu beheben. Wenn ein schwieriges Ereignis außerhalb unseres Machbarkeitsbereiches eintrifft, fühlen wir uns überfordert. Erst recht, wenn es nicht uns selbst, sondern die Menschen in unserer Familie betrifft. Unsere Möglichkeiten, auf einschneidende Ereignisse im Leben eines anderen Menschen Einfluss zu nehmen, sind jedoch sehr begrenzt.

Genau aus diesem Grund beginnt der erste sinnvolle und hilfreiche Schritt in der vorliegenden Situation mit der Fürsorge für uns selbst.

Nun kann es gerade Menschen, die die Rolle der allzeit helfenden Hand in der Familie innehaben, schwerfallen, den Fokus ihrer Fürsorge zunächst einmal zurück auf sich selbst zu richten wenn der geliebte Mensch schwer erkrankt ist. Oft empfinden sie Schuldgefühle. Schuldgefühle führen jedoch nicht zu Lösungen und schwächen uns in unserer Handlungsfähigkeit.

Wir können einem anderen Menschen durchaus bei körperlichen Leiden Linderung verschaffen und auch im Gespräch unser Verständnis und Hilfe da, wo sie willkommen ist, anbieten. Wir können medizinische Versorgung, Hilfsangebote in die Wege leiten und selbst bis zu einem gewissen Grad praktische Hilfe leisten. Wir können uns jedoch nicht in den Kopf eines anderen Menschen hineinbegeben. Da psychisch erkrankte Menschen oft Widerstand gegen Hilfe aufbringen weil sie sich aufgrund der Krankheitsauswirkungen bereits in ihrer Autonomie geschwächt fühlen, macht es an dieser Stelle keinen Sinn, weiteren Widerstand zu erzeugen.

Beginnen Sie dort, wo Sie etwas verändern können.

Es gibt einen Bereich, wo wir in der Tat etwas verändern können: Bei uns.

Wenn alles getan ist und professionelle Hilfe für den Betroffenen organisiert ist, dann ist es an der Zeit sich rückzubesinnen, dass Sie ermächtigt und berechtigt sind, Ihr eigenes Leben zu stärken und für Ihre körperliche und seelische Gesundheit zu sorgen. Gerade dies ist in schweren Belastungssituationen notwendig.

Mit dem Gedanken, diese ersten Schritte in die Tat umzusetzen, haben Sie bereits begonnen, der Störung die Stirn zu bieten.

Bleiben Sie dran, immer einen Tag auf einmal.

 

Autor: Aufatmen Praxis Blog

Raum für Angehörige und Menschen mit schweren seelischen Belastungen

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.